Jan Potocki  „Alte Geschichte des Gouvernements Wolhynien“ 

(Histoire Ancienne du Gouvernement de Wolynie)

St. Petersburg 1805 - out of copyright

(eigene Übersetzung aus dem Französischen – ohne Gewähr)

 

Kapitel I

Zeit, als das Land seit unbestimmter Zeit bis etwa 300 v. Chr. Wüste war.

Es gibt nur wenige Länder, deren Geschichte zu einer Zeit beginnt, als sie absolut menschenleer war. Dies gilt jedoch für mehrere russische Provinzen und unter anderem für Wolhynien: Herodot sagt bestätigend, dass es oben, das heißt nördlich der Neuren, keine Männer gab; und die Neuren wurden in Richtung der Quellen des Dnjestr gegründet. Derselbe Autor kannte auch kein Volk, das jenseits der Quellen der Hypanis [d.i. griech. für den südl. Bug] oder jenseits der Völker der Androphagen und Melanchlenen lebte. Da nun das Land der Melanchlenen zwanzig Tage vom Meer von Asoph entfernt war und jeder Tag nach Herodot zweihundert Stadien betrug, folgt daraus, dass das Land der Melanchlenen in Richtung Orel und Tula lag. Die Wüste, die an den Quellen des Dnjestr begann, setzte sich fort über Wolhynien, Mozyr, Weißrußland, Kalouga, Moskou bis zum Gebiet von Wolodimir. Man beachte, dass dies das Land ist, das die Melanchlenen zur Zeit des Herodot besetzten, denn zur Zeit des Darius hatten sie ein südlicheres Land bewohnt;...


Sarmatien  (Ptolemäus‘ Geographie; Karte von Bernardo Silvano 1511)

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/31/Sarmatia%2C_Ptolemy%27s_Geographia_%28Bernardo_Silvano%2C_1511%29.jpg



Kapitel II.

Periode der Peucinen vom Jahr 300 v.Chr. bis etwa zum Jahr 150 n.Chr.

Die Peucinen von Strabon dürfen nicht mit denen von Tacitus verwechselt werden. Beide waren Bastarnen, aber in der Zeit von Strabon wurde den Bastarnen, die an der Donau lebten, der Name Peucinen gegeben, und die von Wolhynien unterschieden sich noch nicht von den anderen Bastarnen.

Strabon spricht auch von zwei anderen Völkern derselben Rasse, die er Sidonier und Atmonier nennt und die ebenfalls Wolhynien bewohnten, weil er sie zwischen die Bastarnen und die Roxolanen stellt.

Tacitus ist der klassische Autor für die Geographie dieses Landes, ....


Karte der slawischen Völker nach Tacitus – im 1. Jh. n.Chr.

aus: André Lefèvre  Germains et slaves : origines et croyance.  Paris 1903, Karte 18

https://geoportost.ios-regensburg.de/map/BV042517659


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Zum Weiterlesen : 

 

Jean Potocki   Atlas archéologique de la Russie européenne , 2. Ausgabe,  St. Petersburg 1810

https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b531401327/f9.item.zoom

 

vgl. Rezension zu o.a. Atlas  in:  F. J. Bertuch  „Allgemein geographische Ephemeriden“ Band 20,  Weimar 1806, Seite 313f  

https://books.google.de/books?id=kiNDAAAAcAAJ&lpg=PA314&ots=sJSFPX8R73&dq=Atmonier&hl=de&pg=PA313#v=onepage&q=Potocki&f=false

(…) Der hierher gehörige Text Strabo’s lautet übersetzt so:

„Im Land zwischen dem Borysthenes und dem Ister liegt zuerst die Wüste der Geten. Dann kommen die Tyrregeten, und nach ihnen Sarmaten, nämlich die Jazyger, die Basileier und die Ackerbauenden Sarmaten. – Innerhalb des Landes wohnen die Bastarnen, welche an die Tyrregeten und die Germanier gränzen, selbst fast germanischen Stammes sind und aus mehreren Völkerschaften bestehen. So heißt ein Theil derselben Atmonier, der andere Sidonier. – Die Roxolanen wohnen am nördlichsten von allen, nämlich auf den Ebenen zwischen dem Tanais und dem Borysthenes. – Heruaf kommen zwischen dem Mäotis und dem Caspischen Meere Nomaden, als Nabianer, Panxaner, und die Stämme der Siraken und Aorsen. Letztere scheinen Flüchtlinge von den oberen Gegenden zu seyn. Die Siraken wohnen nördlicher, als die Aorsen, welche am Tanais leben. Jene wohnen am Achardeos, der vom Caucasus kommt und in den Mäotis fällt.“

Zu diesem Texte sind von Herrn Vf. Einige Anmerkungen gemacht, die wir hier übergehen, um zu sehen, wie diese Ideen Strabo’s von den Bewohnern des südlichen Russlands, auf der Charte dargestellt sind.

Hier ist die getische Wüste, das heutige Bessarabien, zwischen der Donau und dem Dnjestr. Zwischen letzterem Flusse und dem Bug wohnen die Tyrregeten, und den übrigen Theil des jetzigen Gouvernements Cherson nehmen die Jazygier ein. Oestlich von diesen im Gouvt. Ekaterinoslaw wohnen die Basilier, und südlich von diesen im Gouvt. Taurien die Nomaden. Der Sitz der Bastarnen ist in den Gouvts. Volhyien, Podolien und Kiew, und der der Roxolanen in den Gouvts. Tschernigow, Orel und Kursk.  Zwischen letztern und den Basiliern, Aorsen und den nördlichen Siraken sind die Gouvts. Poltawa, Charkow, Woronesch, Pensa, Tambow, Rjäsan, Tula und Moskwa leer gelassen, „weil diese Völker zwischen sich Wüsteneien ließen,“, wie die Charte sagt. (…)

 

Adolph Bastian Ethnologische Forschungen und Sammlungen von Material für Dieselben, Jena 1871

https://archive.org/details/ethnologischefor00bast/page/n5/mode/2up?


André Lefèvre   Germains et Slaves : origines et croyance. - Paris : Reinwald, 1903,

Karte : http://geoportost.ios-regensburg.de/map/BV042517659

Buch: https://archive.org/details/germainsetslave01lefgoog/page/n11/mode/2up


Lubor Niederle (1865-1944) Manuel de l'antiquité slave,  Paris 1923

htps://archive.org/details/manueldelantiqui01nieduoft/page/n5/mode/2up?q=Volynie


Malcolm C. Lillie, Inna D. Potekhina (Hrsg.)

Prehistoric Ukraine. From the First Hunters to the First Farmers.  Oxford (GB), 2020


Aus dem Inhalt: 

Benannt werden Steinwerkzeugfunde in der Region Shitomir, datiert auf das Zeitalter des Mittelpaläolithikums (ca. 200 000 – 40 000 v.Chr; vgl. S. 19 und 28). Archäobotanische Untersuchungen mit der Methode der Radiokarbon-Datierung bei Getreidefunden aus Ratniv (Wolhynien) legen den Schluss nahe, dass sie aus einer Periode rd. 5000 Jahren v. Chr. stammen und damit vermutlich der älteste Nachweis von kultiviertem Getreide in der Ukraine sind   (S. 316). Man fand hier auch Flachs-Samen, Graupen, Linsen und Erbsen. In dieser Zeit erfolgte demnach in den Regionen des wolhynischen und kiewschen Polessje der Übergang zu vollwertigen Agrarwirtschaften (S. 3).  


Erwähnt werden darüber hinaus für Wolhynien Fundstücke aus der Zeit der Linearbandkeramischen Kultur (Neolithikum)  in der Umgebung von Rivne, Hirka Polonka, Hnidawa und Holyshiv (S. 119).  

Auch ist für dieses Zeitalter eine spezifische Wolhynische Kultur beschrieben (S. 144f):   Diese Kultur wird auf das 6. bis 5. Jahrtausend v. Chr. datiert und befindet sich im südlichen Teil der ethnokulturellen Region Neman, die das Gebiet von Westweißrussland, Litauen, Nordostpolen und der Nordukraine einnahm. In der Ukraine sind ihre Zeugnisse häufig im Polessje zu finden, vom westlichen Teil des Flusses Bug bis zum Fluss Teterev. Unter ihren Siedlungen sind die Stätten von Novosilky, Konik und Korma am besten untersucht. Die Ursprünge der Wolhynien-Kultur liegen in der ethnischen Basis der mesolithischen Yanislavitsa-Kultur unter dem Einfluss der Bug-Dnjestr-Bevölkerung. Es gab drei Perioden in der Entwicklung dieser Kultur: früh, mittel und spät.

Die Siedlungen befanden sich auf hohen bewaldeten Terrassen in der Nähe von Gewässern. Sie bestanden aus 3-5 oberirdischen Wohnungen, die jeweils 24-40 qm groß waren. In den Wohnungen befanden sich Feuerstellen, die teilweise in den Boden gegraben waren und in kalten Jahreszeiten zum Kochen und Heizen dienten. Nach geschätzten Berechnungen könnten in diesen Siedlungen 20-35 Menschen gelebt haben.

Während des gesamten Neolithikums jagten die Waldbewohner des wolhynischen Polessje weiterhin Huftiere im Wald, fischten und sammelten Schalentiere, Beeren, Nüsse, Pilze, Wurzeln und so weiter. Durch Kontakte mit ihren südlichen und westlichen Nachbarn waren diese Gruppen vertraut mit Kulturpflanzen (Einkorn und Emmer, Hirse, Erbsen, Bitter-Wicke) und haben vielleicht versucht, Ackerbau zu betreiben, aber in Polessje steckte die Landwirtschaft während der gesamten Jungsteinzeit in den Kinderschuhen.

Während der Zeit ihrer Existenz waren in dieser Kultur Tongefäße mittlerer Größe, meist mit steilen Wänden und Spitz- oder Rundfuß, die Hauptart der Keramik. Das am häufigsten verwendete Dekorationselement war der Kammabdruck, häufiger in Form von parallelen horizontalen Linien, rechteckigen Feldern oder vertikalen Girlanden. Weniger oft wurden andere Stempel zum Zeichnen von Linien, Gittern, verschiedenen Schnitten, Löchern und Vertiefungen verwendet.

Flint wurde hauptsächlich für die Herstellung verschiedener Geräte genutzt. Die wichtigsten kulturprägenden Produkte waren schräge Pfeilspitzen. Auch andere Gegenstände in Form von Trapezen und Dreiecken dienten als Spitzen für Pfeilspitzen. Äxte, Dechsel [= Querbeil], Meißel, Stempel und Bohrer wurden zur Bearbeitung von Holz und Knochen verwendet. Die häufigsten Kategorien von Feuersteinwerkzeugen waren jedoch messerähnliche Klingen und Schaber, die zum Bearbeiten von Häuten verwendet wurden. Im Allgemeinen spiegelt die Vielfalt der Werkzeuge die Dominanz der Jagd in der Wirtschaft der neolithischen Bewohner Wolhyniens in Polessje wider. Die Wolhynische Kultur erlosch mit der Einwanderung der Kugelamphoren-Kulturgruppen und der alten Gemeinschaften der Schnurkeramik-Kultur in die Region.


Ausführlich analysiert wird der Fund eines Schädel-Fragments in einer Siedlungs-Grabstätte am Gnidau-Hügel bei Luzk (S. 176-178), das auf die Periode der Linearband-Keramik datiert wurde.



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P.N. Batyushkov Denkmäler der russischen Antike in den westlichen Provinzen 

 Bd. 1-2 WOLHYNIEN, St. Petersburg, 1868

http://elib.shpl.ru/ru/nodes/8690 

 

P.N. Batyushkov Denkmäler der russischen Antike in den westlichen Provinzen,

Bd. 3-4 WOLHYNIEN, St. Petersburg, 1869

http://elib.shpl.ru/ru/nodes/8689



Piotrowski, Józef,  Skarb boroczycki, powiat Horochów na Wołyniu [Schatz von Boroczyce, Bezirk Horochów in Wolhynien]Lwów 1929

(Bericht über Funde aus der Römerzeit: Silbermünzen, Goldmedaillen, Silber- und Keramikgefäße)

https://rcin.org.pl/dlibra/doccontent?id=4584


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letzte Änderung 01.04.2023