Auszug aus:  „Russische Gesetze Ausländer betreffend  - aus dem russischen Codex entnommen“

deutsch von J. Philippi, Berlin 1841

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Digitalisat: Bayerische Staatsbibliothek München*, Seite 81 – 84  (Scan 95 – 98)

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lizenzfrei für private Zwecke - vgl. Erläuterungen zu Digitalisaten;  als Gesetzestext besteht prinzipiell gem. § 5 UrhG kein Urheberrechtsschutz


 

 

 

 

Ukas zur Ansiedlungsbeschränkung für Ausländer in Wolhynien 1892*

 

Im Jahre 1884 und 1887 wurden besondere Gesetzesbestimmungen zur Stärkung der russischen Landwirthschaft in den westlichsten Gouvernements Rußlands erlassen.

Gegenwärtig haben Wir, in Anbetracht der besonderen Verhältnisse im Gouvernement Wolhynien, es für gut befunden, in Erweiterung und Ergänzung jener Gesetzesbestimmungen vorläufig, bis zum Erlaß eines neuen Gesetzes über die russische Unterthanenschaft, zeitweilige Regeln für die Niederlassung von Personen nicht-russischer Herkunft im Gouvernement Wolhynien festzusetzen. In Uebereinstimmung mit dem Beschluß des Ministercomités befehlen Wir daher:

 

  1. Allen ausländischen Einwanderern, auch denjenigen, welche die russische Unterthanenschaft angenommen haben, zu verbieten:  a) künftighin sich innerhalb der Grenzen des Gouvernements Wolhynien außerhalb der städtischen Ansiedelungen anzusiedeln und b) in Zukunft im genannten Gouvernement, auf welche Art es auch sei, ausgenommen durch gesetzliche Erbnachfolge, Immobilien, welche außerhalb der städtischen Ansiedelungen belegen sind, das Eigenthumsrecht, sowie das Recht des Besitzes oder der Nutzung derselben zu erwerben.
  2. Denjenigen der genannten Personen, welche bis zum Tage der Publication dieses Ukases sich bereits im mehrerwähnten Gouvernement außerhalb der städtischen Ansiedelungen niedergelassen haben, das Recht des Besitzes und der Nutzung der von ihnen in gesetzlicher Grundlage zu Eigenthum erworbenen oder arrendirten Landstücke zu belassen; denjenigen aber, die griechisch-orthodoxen Bekanntnisses sind, auch das Recht einzuräumen, Immobilien auch außerhalb der städtischen Ansiedelungen zu Eigenthum und zu Nutzung zu erwerben.
  3. Alle Verträge, welche mit Verletzung oder Umgehung des im Punkt 1 dieses Ukases enthaltenen Verbots abgeschlossen werden, als nichtig anzuerkennen.
  4. Falls ein im vorhergehenden Punkt 3 dieses Ukases vorgesehener Vertrag von der örtlichen Gouvernementsobrigkeit entdeckt wird, so bevollmächtigt der Gouverneur nach Einziehung der erforderlichen Auskünfte, welche sowohl die Gerichts- als auch alle übrigen administrativen Institutionen und Personen ihm unverzüglich zu übermitteln haben, einen ihm untergeordneten Beamten zur Einreichung einer Klage beim örtlichen Bezirksgericht behufs Richtigerklärung des stattgehabten Vertrages oder des vollzogenen Actes. Klagen diese Art werden in der für Sachen der Kronsverwaltungen festgesetzten Ordnung vernhandelt.
  5. Dem Gouverneur von Wolhynien anheimzustellen, Personen, welche sich nach Publication dieses Ucases, den im Punkt 1 enthaltenen Verboten zuwider, im Gouvernement Wolhynien, außerhalb der städtischen Ansiedelungen, niedergelassen haben, auf administrativem Wege, an ihren ständigen Aufenthaltsort zu verweisen.

 

Der dirigirende Senat wird nicht ermangeln, die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung des Vorstehenden zu ergreifen.“

Das Original ist von   S e i n e r   K a i s e r l i c h e n   M a j e s t ä t   

Eigenhändig unterzeichnet:                                                                                                   „A l e x a n d e r“

 

* zitiert nach einem Artikel in der Düna-Zeitung vom 4. April 1982; als Gesetzestext urheberrechtsfrei gem. § 5 UhrG

 


 

Das neue Gesetz über das Eigenthums- und Nutzungsrecht

von Ausländern an Immobilien.  (1887)*

 

Der „Regierungs-Anzeiger“  (Nr. 100) veröffentlicht nachstehenden Allerhöchsten Namentlichen Ukas an den Dirigierenden Senat, der von der „Rig. Z.“ in wortgetreuer Uebersetzung wiedergegeben wird:

Seit dem Jahre 1864 ist eine Reihe von Gesetzesbestimmungen  ergangen, welche die Festigung des russischen Grundbesitzees in dem westlichen Grenzgebiet und die nähere Verbindung desselben mit den nöthigen Theilen des Reiches bezweckten. Jetzt haben Wir es für wohl befunden, in Uebereinstimmung mit den genannten Gesetzesbestimmungen und zwecks ihrer weiteren Entwickelung temporär besondere Regeln festzustellen bezüglich der Ausländern zu gestattenden Erwerbung von Immobilien als Eigenthum oder in zeitweiligen Besitz oder Nutznießung in einigen Gouvernements des westlichen Grenzgebiets Rußlands.

In Folge dessen und in Uebereinstimmung mit der Resolution des Minister-Komitees befehlen Wir:

In den zehn Gouvernements des Zarthums Polen, in den Gouvernements: Bessarabien, Wilna, Witebsk, Wolhynien, Kiew, Rowno, Kurland, Livland, Minsk und Podolien können ausländische Unterhanen künftig auf keinerlei Art auf irgend welche, auf allgemeinen oder lokalen Gesetzesbestimmungen basirender Grundlage, außerhalb Hafenplätzen oder anderen städtischen Ansiedelungen (außer Art. 3 dieses Befehles vorgesehenen Fällen) Eigenthumsrecht erwerben auf Immobilien, ebenso wie Besitz- und Nutznießungsrecht auf unbewegliches Eigenthum, das getrennt vom Eigenthumsrecht im Allgemeinen, im Besonderen aus dem Mieths- oder Arrende-Vertrag hervorgeht.

Anmerkung I.   In den Gouvernements des Zarthums Polen ist es ausländischen Unterthanen ebenso verboten, unbewegliches Eigenthum, das außerhalb städtischer Ansiedlungen belegen, in der Eigenschaft von Bevollmächtigten oder Dirigenten zu verwalten.

Anmerkung II.  Die in Art. 1 verordnete Beschränkung der Rechte ausländischer Unterthanen bezüglich des Besitzes und der Nutznießung unbeweglichen Eigenthums, das außerhalb Hafenplätzen und anderen städtischen Ansiedelungen belegen, erstreckt sich nicht auf die Miethe von Wohnhäusern, Quartieren und Landhäusern zur zeitweiligen Benutzung und zu persönlichem Wohnen.

2 )  In den in Art. 1 des vorliegenden Befehls bezeichneten Oertlichkeiten können ausländische Unterthanen das Vorzugsrecht auf Befriedigung ihrer Schuldforderungen durch Inpfandnahme von Immobilienbesitz sicherstellen, aber derartige Sicherstellungen oder irgend welche Klagen wegen Schuldforderungen können für Ausländer nicht die Folge haben, daß sie ein solches Immobil als Eigenthum erwerben, oder den tatsächlichen Besitz desselben, oder auch nur das Ntzungsrecht auf dasselbe erlangen. (Gerichtsordnungen Kaiser Alexander’s II, Civil-Gerichtsordnung Art. 1063, 1064, 1129, 1171, 1173, 1175 und 1209; Civilgesetz der Gouvernements des Zarthums Polen Art. 2071, 2072 und 1085 – 2091;  Provinzialrecht der Ostseegouvernements, Privatrecht Art. 1336, 1412 und 1457).

3 )  In Bezug auf die Rechte der Ausländer bei Erwerbung von Immobiliarbesitz außerhalb der Hafenplätze und anderer städtischer Ansiedelungen tritt in den in Art. 1 angeführten Oertlichkeiten folgende Organisation in Kraft:

a ) Die gesetzliche Erbfolge in direkter Deszendenz und zwischen Ehegatten in dem von einem Ausländer hinterlassenen Immobiliarbesitz ist in allgemeiner Grundlage zulässig, wenn der Erbe vor Erlaß dieses Gesetzes in Rußland angesessen war;

b ) in allen übrigen Fällen gesetzlicher Erbfolge, sowie im Falle der Vererbung laut Testament ist der ausländische Unterthan verpflichtet, im Laufe von drei Jahren, vom Tage der Erwerbung des Besitzrechtes gerechnet, das Gut an einen russischen Unterthanen zu verkaufen;

c ) bei Nichtbefolgung der in Punkt b ) normierten Vorschriften wird das Gut auf Verfügung der Gouvernements-Regierung unter Vormundschaft gestellt und im Wege öffentlichen Ausgebots in der zuständigen Gouvernements-Verwaltung verkauft und die aus dem Verkauf ausgelöste Summe nach Abzug der Unkosten für Vormundschaft und Verkauf dem Erben ausgehändigt.

4 ) Die Wirksamkeit der in den Punkten b und c des vorigen Artikels normirten Bestimmungen erstreckt sich auch auf Fälle der Erwerbung von Eigenthumsrecht auf Immobilien durch Ausländer auf Grund und Abschlüssen, die bis zur Publikation dieses Befehls vollzogen wurden, wenn die obenerwähnten Personen den wirklichen Besitz dieser Güter noch nicht angetreten hatten.

5 ) Die in gesetzmäßiger Weise auf bestimmte Fristen vollzogenen Kontrakte und Ab-machungen, auf Grund welcher ausländische Unterthanen in den in Art. 1 erwähnten Oertlichkeiten vor der Publikation dieses Befehls Besitz- oder Nutzungsrechte auf Immobilien außerhalb der Hafenplätze und anderer städtischer Ansiedelungen erworben haben, können nach Ablauf der in diesen Kontrakten und Abmachungen angegebenen Termine weder erneuert, noch prolongirt werden (mit Ausnahme jener Kontrakte, die in der Anmerkung II zu Art. 1 und in Art. 2 dieses Befehls  bezeichnet sind.)

Die Kraft  und Wirksamkeit der Bestimmungen der vorstehenden Artikel erstreckt sich in derselben Weise auch auf Gesellschaften, Handels- und Industrie-Compagnien und Gesellschaften, die auf Grundlage ausländischer Gesetze gebildet sind, selbst dann, wenn sie die Genehmigung zu Operationen innerhalb der Grenzen Rußlands erhalten haben.

7 ) Abmachungen aller Art, die zur Verletzung oder Umgehung dieses Befehls vollzogen wurden, sind als nichtig zu betrachten.

8 ) Wenn eine Abmachung, wie sie in Art. 7 erwähnt ist, durch die örtliche Landes- oder Gouvernements-Behörde konstatirt ist, so wird nach Einverlangung der nöthigen Auskünfte, welche der erwähnten Oberbehörde unverzüglich sowohl seitens der Gerichts-, wie auch aller sonstigen Behörden und amtirenden Personen zu geben sind, der Generalgouverneur oder Gouverneur wohin gehörig (in den Gouvernements des Zarthums Polen durch die Prokuratur und in den Gouvernements Livland und Kurland durch die Gehilfen des Gouvernements-Prokureurs) bei dem zuständigen Gericht den Antrag stellen auf Annullierung des abgeschlossenen Geschäfts und des vollzogenen Dokuments. Diese Angelegenheiten werden der Ordnung gemäß geführt, wie sie für Angelegenheiten der Kronsverwaltung vorgeschrieben ist.

 

Der Dirigirende Senat wird nicht unterlassen, das zur Ausführung dieser Verfügung Nöthige anzuordnen.

Das Original ist von Seiner Kaiserlichen Majestät Höchsteigenhändig unterzeichnet:

Gatschina, 14. März 1887                                                                                     „A l e x a n d e r“.

 

* zitiert nach: Libausche Zeitung  18. 5.1887;   als amtlicher Text gemeinfrei  gem. § 5 UrhG