Wolhynien als Familiennamenlandschaft in der Zeit deutscher Besiedlung
In der Familienforschung fällt beim Blättern in Kirchenbüchern, Ortsfamilienverzeichnissen und ähnlichen Listen schnell auf, dass bestimmte Namen in einzelnen Regionen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte wiederholt und gehäuft auftreten. Diesem Phänomen geht zum Beispiel in Deutschland das Forschungsprojekt "Deutscher Familiennamen-Atlas" an der Universität Mainz nach, aus dem inzwischen erste Ergebnisse verfügbar gemacht wurden. Das Forschungsteam geht von schätzungsweise 800 000 unterschiedlichen Familiennamen aus, die zu erfassen und zu analysieren sind. Unter anderem hat sich im Vergleich gezeigt, dass im heutigen Norddeutschland andere Namen oder andere Variationen in der Schreibweise von Nachnamen typisch sind als in Süddeutschland.
Für die ehemaligen Siedlungsgebiete von Deutschen in Wolhynien soll an dieser Stelle versucht werden, die Beobachtung zu überprüfen anhand der Vielzahl von inzwischen digital verfügbaren Dokumenten, aus Online-Datenbanken und –Archivpublikationen. Die Ergebnisse wären zu vergleichen mit historischen Veröffentlichungen zu Familiennamen in deutschen Siedlungsregionen diesseits und jenseits der ehemals russländischen Grenze.
Für die Herkunftsforschung in Bezug auf Familiennamen ist insofern auch die jüngere Besiedlung Mittelpolens mit deutschen Kolonisten und Handwerkern von Interesse: diese hatte sich ab dem Ende des 18. Jahrhunderts intensiviert. Albert Breyer beschreibt als wesentliche Herkunftsgebiete die Regionen Pommern, Mecklenburg, Schlesien, die (Weichsel-)Niederung, die Mark und Schwaben.
Interessant im vorliegenden Zusammenhang sind auch die zum Teil schon im 17. Jahrhundert von Holländern / Niederdeutschen in Polen gegründeten so genannten Hauländereien (Holländerdörfer / Olendry). Hierzu hat Walther Maas für die Kolonien im Posener Raum eine Auswertung von Namenslisten steuerlicher Klassifikationstabellen Ende des 18. Jahrhunderts vorgenommen, in denen Familiennamen enthalten sind, die Jahrzehnte später auch in Wolhynien auftauchen, Ernst Christmann hat in den 1930er Jahren exemplarisch Namen einzelner aus der Pfalz nach Galizien ausgewanderter Kolonisten zusammengetragen. Auch hier ergeben sich interessante Erkenntnisse. *
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* für das Gebiet Mittelpolen vgl. Maik Senninger "Deutsch besiedelte Orte im Kreis Opoczno und im ehemaligen Kirchspiel Wielka Wola unter Nennung der ansässigen Familien" (2013)
online https://www.mittelpolen.de/index.php/siedlungsorte/ortsliste (Seitenaufruf 11.8.2018)
Interessant ist darüber hinaus die Geschichte der in Wolhynien zugewanderten Mennoniten. Vgl. hierzu einzelne Nennungen in Alfred Cammann "Heimat Wolhynien", Band 2, 1988, Seite 191: Ansiedler - aus dem Netzegau stammend - waren Beyer, Buller, Böse, Dirks, Voth, Nachtigall, Nickel, Pankratz, Richard, Sperling, Unruh, Zielke.
>>> vgl. exemplarisch auch:
https://www.mennonitegenealogy.com/russia/brandenburgmennonitecombined.htm
https://www.mennonitegenealogy.com/russia/michalin.htm
https://www.mennonitegenealogy.com/russia/Register_of_Mennonites_in_Rovno_Region_Volhynia_1819-1820.pdf (Seitenaufruf 28.4.2019)
In demselben Band (S. 286) findet sich auch der Hinweis, dass der Familienname "Tytschkowkski" aus einer erzwungenen Polonisierung des deutschen Namens "Stöckl" oder "Steckl" entstand.
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Ergänzende Ausführungen:
vgl. u.a. Alfred Lattermann über Schwierigkeiten bei der Sippenforschung in Polen
>>> Abschrift pdf 198 KB
Beispiele für polonisierte Familiennamen:
Richard Kluge „Deutsche Ansiedler in der Gegend von Jeżów“
in: Deutsche Wiss. Zeitschrift für das Wartheland, Ausgabe 1943, Heft 7/8 S.226 ff;
(Auswertung der Zivilstandsregister 1809 – 1849 für Jeżów im ehem. Kreis Brzeziny)
https://pbc.gda.pl/dlibra/publication/89439/edition/80764/content?&meta-lang=pl
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letzte Bearbeitung 05.07.2022